BEWUSST – PLANEN, BAUEN, LEBEN

Artikel 05 – Ausgabe 05-2002
Schimmelpilzkulturen in Deutschland - gefördert und verordnet?
Eine Betragsserie von Michael Reisinger, Planungsbüro für gesundes Bauen

Euphorisch wird kurze Zeit nach in Kraft treten der neuen Energiesparverordnung (EnEV) in Handwerkerzeitschriften von steigenden Umsätzen gesprochen. Mit günstigen Darlehen wird um die Gunst neuer Kunden geworben. Es lässt sich nur zu schnell erahnen, wem diese neuen gesetzlichen Erhärtungen zugute kommen. Dämmungen sind wichtig, deren Einsatz sollte jedoch bei jedem Objekt für die jeweilige Konstruktion aufs Neue allumfassend durchdacht werden, denn es spielen nicht nur k-Werte (neu: U-Werte) und Diffusionseigenschaften eine Rolle.

Bei den meisten Bauvorhaben werden Mineralwolle und Schaumstoffdämmungen eingesetzt. Natürliche Dämmstoffe finden in unseren Regionen nur langsam Verbreitung. Vergleicht man gewissenhaft die einzelnen bauphysikalischen Kennwerte und Untersuchungsergebnisse über verschiedenste Dämmstoffe, so können auch vom Laien gewaltige Unterschiede festgestellt werden. Bei Nichtbeachtung der unterschiedlichen Baustoffeigenschaften führt dies zwangsläufig zu Schäden. Vielleicht nicht sofort, aber spätestens nach 5 bis 10 Jahren werden diese sichtbar. Massive Schäden sind bereits in und an Gebäuden, die nach 1990 saniert oder neu errichtet wurden, allgegenwärtig. Viele Eigentümer verschließen jedoch davor die Augen, haben sich mit den Schäden mittlerweile abgefunden oder sind vom Alltagsstress abgestumpft und der Mängelanzeigen müde.

Feuchteschäden sind fast immer mit der Entstehung von Schimmel verbunden und sei es hinter einer mit Gipskarton verkleideten Außenwand. Schimmel erhöht das Krebs- und Allergierisiko enorm. Von Ärzten, Gesundheitsbehörden und -organisationen, aber auch von Handwerkerinnungen wird eingehend darauf hingewiesen und vor den Auswirkungen auf uns Menschen gewarnt. Aus Unwissenheit oder Angst vor zu großen Wärmeverlusten, verbunden mit falschem Lüftungsverhalten (oft liegen die Luftwechselraten unter den hygienisch notwendigen) sowie durch viel zu dichte Fenster, wird ein Verbleib der feuchten Luft in den Wohnungen begünstigt. Mit geschickter Lüftung und bewusstem Nutzungsverhalten kann mehr Energie eingespart werden, als durch eine Dämmmaßnahme! Bekannt war schon unseren Großeltern, dass z.B.
feuchte und sauerstoffarme Luft mehr Energie für deren Erwärmung benötigt. Bei richtigem Lüften tritt Schimmel nur an Wärmebrücken infolge falscher Planung oder Bauausführung auf.

Bei einem von außen gedämmten Mauerwerk wird es aus bauphysikalischer Sichtweise immer zur  Ansammlung von Wasser im Bereich vor der Dämmung kommen, denn wo die Wärme am Weiterfluss gehindert wird, wird auch das Wasser beim Weitertransport behindert. Bei herkömmlichen Rechenverfahren nach DIN wird damit geliebäugelt, dass dieses anfallende Kondensat im Sommer wieder nach innen verdunstet. Tatsächlich tritt dies nur in sehr geringem Maße ein. Zusätzlich kann es im Sommer bei diesen Fassaden an den Innenwänden zu Wasserkondensation kommen. Um nun das entstandene Wasser sicher abzuleiten, ist die kapillare Leitfähigkeit von Baustoffen zu berücksichtigen. Schaumstoffe lassen lediglich die Diffusion von Wasserdampf zu (Mineralwolle um Einiges besser als Schaumstoffe), nicht jedoch den kapillaren Transport des Wassers. Kunststoffputze verhindern zusätzlich die Diffusion. Anders sieht es bei natürlichen, langbewährten Dämmstoffen aus. So können z.B. Holzfaserweichdämmplatten dieses Wasser aufnehmen und zum Verdunsten nach außen transportieren, ohne Schäden und Dämmverluste zu erleiden.

Das Dämmverhalten bei Wasseraufnahme sowie die Wasserabgabefähigkeit sind bei der Einsatzwahl eines Dämmstoffes zu vergleichen. Holzweichfaserplatten können immerhin 20% ihres Eigengewichtes an Feuchte aufnehmen, ohne an Dämmleistungen einzubüßen. Cellulose-, Flachsund Hanfdämmungen weisen ähnlich gute Eigenschaften auf. Mineralwollen hingegen verlieren bereits bei 1% Volumenfeuchtigkeit fast 45% ihrer Dämmleistungen. Schaumstoffe schneiden hierbei am besten ab, zumindest kurzfristig. Bei längerer Feuchteaufnahme und falschem Konstruktionsaufbau können sich die geschlossenen Luftporen mit Wasser anreichern und somit zum Verlust der dämmenden Eigenschaft führen. Ebenso treten oft gravierende Probleme durch Nichtbeachtung des Schwindverhaltens bei diesem Baustoff auf.

Das oben Angesprochene ist bekannt, so wurde doch extra dafür die Dampfsperre erfunden. Bei natürlichen Dämmstoffen kann diese entfallen, bei Mineralwollen ist der Einsatz jedoch ein unbedingtes Muss. Fraglich ist nur, ob es bei objektiver Betrachtung je eine Firma geben wird, die es schafft, diese Sperre auch auf lange Sicht gesehen, so dicht zu verkleben, wie es notwendig wäre. Die massiven Schäden sprechen dagegen. Man sollte auch das Nutzungsfehlverhalten im Vorfeld bedenken. Ein zu lang gewählter Dübel kann der Auslöser für eine sehr teure Sanierung werden.

Wer auf Langsicht eine befriedigende Lösung und einen einwandfreien Konstruktionsaufbau erhalten möchte, der sollte verstärkt auf natürliche Materialien und homogene Wandaufbauten zurückgreifen. Die Beurteilung notwendiger Baustoffdaten ist jedoch auch hier äußerst wichtig. So z.B. ist bei Porenbeton (Gasbeton) die Wasseraufnahme höher, als die Wasserabgabe. Ein Restgehalt an Wasser verbleibt also in der Konstruktion und vermindert die Wärmedämmung.

Auf Firmen- und Baumarktauskünfte kann man sich selten verlassen, da bauphysikalisches Hintergrundwissen
kaum vorhanden ist und eher der Verkauf im Vordergrund steht. Um sich vor unerwünschten und teuren Sanierungsmaßnahmen zu schützen, ist es angebracht, mit neugierigen Augen durchgeführte Baumaßnahmen zu mustern. Beurteilungsobjekte sollten bereits 5 bis 10 Jahre bewohnt sein.

Weniger ist Mehr. In jahrelangen praxisbezogenen Untersuchungen wurde festgestellt, dass sich eine nachträgliche Dämmung von massiven Außenwänden mit Schaumstoffen und Mineralwollen in den seltensten
Fällen im Nutzungszeitraum rechnet. Nicht so bei Dämmstoffen, die Sonnenenergie zwischenspeichern können und somit zu Energiegewinnen führen. Durch gezielte und alternative Maßnahmen, wie gute Kesselanlagen (Brennwerttechnik, Holzvergaser etc.), Wandflächenheizungen, keine drastische Temperaturabsenkung in der Nacht, homogene und wärmespeichernde Wandaufbauten, richtiges Lüftungsverhalten, die Gebäudeausrichtung nach Süden und vor allem die Beachtung aller Baustoffeigenschaften (einige wurden oben beschrieben), lassen sich wesentlich mehr Einsparungen erwirtschaften, als rechnerisch durch eine Wärmedämmung selbst. Gerade Bestandsobjekte müssen nach der neuen EnEV nicht unbedingt gedämmt werden. Es gibt ausreichend Alternativen - man muss sie nur ergreifen. Das eingesparte Geld sollte zweckmäßiger verplant werden!

Ein Beitrag von Michael Reisinger (Auf die vorangegangenen Beiträge
sei hingewiesen.); Kostenfreie Bauherrenseminare zu verschiedenen Themen des gesunden Bauens – Anfragen unter 0351/ 83 87 089 oder info@gesundes-Bauen.com

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